Auf der Skala zwischen möglichen -50 und +50 Punkten liegt Deutschland im ersten Jahr der Ermittlung des Indexes 2011 bei -3. Der Wert der Freiheit – in dieser Gesamtzahl abgebildet – ist also im Hintertreffen gegenüber anderen Werten wie Sicherheit und Gleichheit. Ein interessanter Widerspruch tut sich auf, wie die Einzelergebnisse zeigen: verzeichnen wir im Unterschied zu den letzten Jahren eine Zunahme der abstrakten Wertschätzung der Freiheit, so geht dies dennoch einher mit einer generellen Zunahme der Rufe nach weiterreichenden staatlichen Verboten. Dieser Wunsch nach staatlicher Kontrolle und Überwachung findet sich gleichermaßen bei jenen Bürgern, die der Freiheit von ihrem Selbstverständnis her näher stehen wie bei jenen, denen Gleichheit und Sicherheit wichtiger sind als Freiheit und Selbstbestimmung. Die Ausweitung der Staatsaufgaben ist ausdrücklich erwünscht, und klarer Favorit ist der »betreuende« und »kümmernde« Staat, der im Unterschied zum »liberalen« Staat als gerechter, wohlhabender, menschlicher und lebenswürdiger angesehen wird. In der öffentlichen Meinung, wie sie die großen Printmedien repräsentieren, überwiegt in der Berichterstattung die Verbotsperspektive gegenüber der Selbstbestimmungsperspektive.
Interessant wird nun sein, ob und wie sich in den nächsten Jahren der Gesamtindex nach unten oder nach oben, zu Ungunsten oder zu Gunsten der Freiheit verschieben wird. Unser Forschungsprojekt ist ein »work in progress«, denn erst in der Zeitreihe entwickeln sich die relevanten Daten. Wollen wir in Zukunft mehr Freiheit oder weniger? Wollen wir mehr Selbstverantwortung, Mündigkeit und größere Handlungsspielräume oder doch mehr Betreuung, Schutz und Kontrolle von Seiten des Staates? Der Feiheitsindex Deutschland wird in Zukunft zeigen, was uns die Freiheit tatsächlich wert ist.
Rezension in Citizen Times 3. August 2012: Welche Freiheit darf es denn sein
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