Eine Studie über die antitotalitären Traditionen in Deutschland
und Frankreich
Ulrike Ackermanns Buch erzählt eine Episode unserer jüngsten Geschichte,
die dem kollektiven Gedächtnis zu entgleiten droht. Im 20. Jahrhundert
bekämpften sich Faschismus und Nationalsozialismus mit dem Kommunismus
auf Leben und Tod. In den Köpfen deutscher und französischer Intellektueller
setzte sich dieser Kampf der totalitären Ideologien auch nach
dem Untergang von Hitlers Reich fort, mit traumatischen Konsequenzen
bis heute. Auf dem 1950 gegründeten "Kongreß für kulturelle Freiheit",
dessen Entstehungs- und Wirkungsgeschichte Ulrike Ackermann anhand
der zeitgenössischen Quellen rekonstruiert, fanden sich europäische
Intellektuelle zusammen, die sich in der Ablehnung beider Totalitarismen
einig waren.
Für das Gros der französischen Linksintelligenz jener Zeit stand
fest, man müsse die Sowjetunion und ihre "Errungenschaften" um
jeden Preis verteidigen. Erst Ereignisse wie die von Budapest
(1956) und Prag (1968) sowie der "Gulag-Schock" der siebziger
Jahre öffneten ihnen die Augen. Französische Intellektuelle begannen
einen intensiven Austausch mit den Dissidenzbewegungen Osteuropas
und unterstützten sie. Anders die westdeutschen Linksintellektuellen:
Ihr "Sündenfall" bestand darin, nach 1968 auf einen politisch
blinden Antifaschismus zu setzen, der sie daran hinderte, sich
mit der Realität des kommunistischen Totalitarismus angemessen
auseinanderzusetzen. Deshalb konnte von tätiger Solidarität mit
den verfolgten osteuropäischen Dissidenten keine Rede sein.
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